Etwa 4-5 % aller Knochenbrüche sind Frakturen des Oberarmknochens: eine sogenannte Humusfraktur. Pro 100.000 Einwohner erleiden jährlich bis zu 320 Menschen eine solche Verletzung, zum Beispiel durch einen Sturz. Gerade ältere Menschen sind häufig betroffen. Wie funktioniert also der Muskelaufbau nach einer Humerusfraktur?
Je nach Schwere des Bruchs wird die Verletzung konservativ durch Ruhigstellung oder operativ mit nachfolgender Ruhigstellung behandelt. In jedem Fall droht ein Verlust von Muskelmasse durch die Ruhephase, in der Sie den Arm nicht oder wenig bewegen.
Dabei sind die Muskeln im Schulterbereich bei Humerusfrakturen besonders wichtig, um mögliche Folgewirkungen wie eine andauernde eingeschränkte Beweglichkeit und Steifheit zu vermeiden.
In diesem Beitrag erhalten Sie Informationen für das Muskelaufbautraining und weitere hilfreiche Maßnahmen zum Muskelaufbau nach einer Humerusfraktur.
Die Humerusfraktur
Humerus ist die lateinische Bezeichnung für den Knochen, der gemeinsam mit dem Schulterblatt und dem Schlüsselbein das Schultergelenk bildet.
Dieser Oberarmknochen bildet außerdem den Ausgangspunkt für verschiedene Sehnen und Muskeln, die die Schulterfunktion entscheidend prägen. Die Lage des Oberarmknochens ist exponiert, weil hier eine große Fläche an Knochen nach außen zeigt.
Das bedeutet, dass bei Stürzen der Körper leicht auf diesem Knochen aufkommen kann. Bei älteren Patienten kommt es sogar manchmal nach einem Stolpern mit einer leichten Abstützbewegung zu einem Bruch. Hier ist im Regelfall die Knochensubstanz bereits altersgemäß geschwächt, beziehungsweise durch Osteoporose angegriffen.
Brüche des Oberarmknochens können unterschiedlich schwer sein. Insbesondere bei geschwächter Knochensubstanz von Senioren (unter Umständen durch Osteoporose) treten vielfach Splitterbrüche des Humerus auf.
Bei Splitterbrüchen kann es zu Verschiebungen oder Zerstörungen von Gelenkflächen kommen. Die Schwere der Fraktur entscheidet über die Behandlung.
Behandlungsansätze nach einer Humerusfraktur: Physiotherapie
Ein einfacher Bruch des Oberarmknochens wird regelmäßig konservativ behandelt. Das bedeutet, dass der Arm mit einer Bandage für einen gewissen Zeitraum ruhiggestellt wird und die Humerusfraktur mit Physiotherapie-Übungen sowie Krankengymnastik wieder mobilisiert wird.
Bei komplizierten Brüchen, bei denen sich die Gelenkfläche verschiebt oder der Knochen intensiv splittert, muss die weitaus schwerwiegendere Verletzung operativ versorgt werden. Komplexe Frakturen machen sich häufig durch intensive Schwellung der Schulter und Blutergüsse bemerkbar.
Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich bei komplizierten Frakturen Gefäße oder Nerven verletzten. Das kann zu einer Beeinträchtigung der Funktionalität des gesamten Armes bis hin zur Hand führen.
Bei der konservativen Behandlung einfacher Oberarmknochenbrüche wird der Arm für einen gewissen Zeitraum ruhiggestellt. Dieser Zeitraum kann etwa 2-4 Wochen betragen. Zum Einsatz kommen dabei Schlingenverbände (Gilchrist- oder Desault-Verbände).
In der Regel sollten Sie hier mindestens eine Woche lang den Arm überhaupt nicht bewegen. Die weiteren physiotherapeutischen und krankengymnastischen Übungen nach einer Humerusfraktur richten sich vom Zeitpunkt her an der Stabilität des Bruches aus.
Hier gilt der Grundsatz, dass Bewegung erst wieder erlaubt wird, wenn der Bruch stabil ist. Wie schnell der Heilungsprozess voranschreitet und Sie wieder Stabilität erreichen, kann individuell sehr verschieden sein.
Die Ruhigstellung der Oberarmfraktur ist deshalb immer mit einem gewissen Muskelabbau verbunden. Das ist beim Oberarmknochen besonders problematisch. Wie beschrieben, bildet dieser Knochen zusammen mit weiteren anatomischen Bestandteilen das Schultergelenk.
Dieses Gelenk ist ein großes Gelenk im menschlichen Körper und sehr komplex angelegt. Besonders beweglich durch wenig knöcherne Strukturen, ist er bei seiner Funktionalität auf besonders gut ausgebildete Muskeln und Sehnen angewiesen.
Jede Fraktur in diesem Bereich kann deshalb durch Muskelabbau zunächst zu einer eingeschränkten Funktion des Schultergelenkes führen. War Ihre Muskulatur bereits vor dem Bruch geschwächt, drohen nach der Fraktur ernsthafte Funktionseinschränkungen. Das kann bei älteren Menschen häufiger der Fall sein.
Die operative Versorgung und vorbeugen einer Humerusfraktur
Auch nach einer Operation am Oberarmknochen kommt es zu einer Ruhephase. Wie lange diese andauert, ist individuell verschieden. Operative Versorgungen von Oberarmknochenfrakturen können in ihrer Dimension sehr unterschiedliche Eingriffe sein.
Beispielsweise können sie aus:
- minimal-invasiven Eingriffen mit der Einbringung von Drähten und Verschraubungen
- Nagelungen
- der Einbringung von Platten
- der Einbringung eines künstlichen Schultergelenkes
bestehen.
Der Abbau von Muskulatur ist auch bei der operativen Versorgung der Oberarmknochenfraktur ein Thema. In den meisten Fällen ist die Fraktur des oberen Knochens die Folge eines Unfallereignisses.
Bei jüngeren Menschen geht es dabei häufig um einen Sturz aus größerer Höhe, etwa bei sportlichen Aktivitäten. Bei älteren Menschen spielt der Zustand der Knochenstruktur wie auch der stabilisierenden Muskulatur eine Rolle, wenn es um die Wahrscheinlichkeit eines Knochenbruchs geht.
Problematisch ist, dass bei einer geschwächten Knochenstruktur bereits minimale Ereignisse wie ein leichter Sturz zu einem Humerusbruch führen können. Wie intensiv dieser Bruch am Ende ausfällt und wie gut sich der Betreffende danach erholt, hängt auch von der stabilisierenden Muskulatur um den Knochen herum ab.
Insofern können muskelaufbauende Maßnahmen nicht nur nach einer Fraktur die Erholung beschleunigen. Sie können ebenso eine Form von allgemeiner Beweglichkeitsvorsorge sein. Außerdem stärken einige Empfehlungen zum Muskelaufbau im Alter nicht nur die Muskeln, sondern auch die Knochen.
Was aber können Sie konkret allgemein und nach der Oberarmfraktur für den Aufbau von Muskeln sowie die Funktionalität des Schultergelenkes tun?
Stärkung und Muskelaufbau nach einer Humerusfraktur
Es werden individuell abgestimmt verschiedene physiotherapeutische und krankengymnastische Übungen nach einem Oberarmbruch kombiniert.
Sämtliche Maßnahmen zielen darauf ab, die volle Funktionsfähigkeit des Schultergelenkes wieder herzustellen. Außerdem können Sie Abnutzungserscheinungen und damit einer Arthrose vorgbeugen.
Im Fokus der Rehabilitationsmaßnahmen nach der Fraktur steht nicht nur der Aufbau von Muskulatur. Auch die Durchblutung im Schultergelenk und im gesamten Schulterbereich kann sich anregen. Damit beugen Sie dem Entstehen einer sogenannten Kalkschulter vor.
Bei dieser Erkrankung kommt es durch eine verminderte Durchblutung in verschiedenen Bereichen der Schulter zu Gewebeveränderungen, die von einer Verknorpelungen bis hin zum Absterben von Gewebe reichen können.
Vor allem verändert sich die Hauptsehne im Schulterbereich, indem sie verstärkt Kalk einlagert. Sie "verkalkt" buchstäblich. Es bilden sich Schleimbeutel und schmerzhaft entzündete Stellen, die auch die Beweglichkeit im Schultergelenk einschränken können.
Was ist Muskulatur?
Viele Menschen verbinden mit dem Begriff Muskel nur den Teil der Anatomie, der auch diesen Namen trägt. So erscheint es unzweifelhaft, dass beispielsweise der Oberschenkelmuskel ein Muskel ist. Bei dieser Betrachtungsweise wird häufig vergessen, dass auch Sehnen mittelbar und funktional der Muskulatur zuzurechnen sind.
Sie haben die überaus wichtige Funktion, als bindegewebsartige Teile der Muskulatur die Muskeln mit dem Knochen zu verbinden. Sehnen wachsen langsamer als Muskeln.
Während sich mehr Muskelmasse insbesondere bei eher untrainierten Menschen relativ schnell (wieder) aufbauen lässt, müssen die Sehnen durch kontinuierliches Training und mit Geduld aufgebaut werden.
Ungeduld rächt sich an dieser Stelle durch mögliche Reizungen und sogar Verletzungen der Sehnen. Schließlich sollten Sie im Zusammenhang mit Muskeltraining auch die Bänder nicht vergessen. Sie verbinden Knochen mit Knochen.
Grundsätze zum Aufbau von Muskulatur
Muskelwachstum entsteht, indem der Muskel auf einen Reiz reagiert. Die Intensität des jeweiligen Reizes - der Belastung - ist dabei auf den individuellen Zustand der Muskulatur und den gewünschten Erfolg abzustimmen. Außerdem müssen sich Belastungs- und Erholungsphasen beim Muskelaufbau abwechseln.
Bei der Nachbehandlung von Oberarmfrakturen durch physiotherapeutische Maßnahmen werden diese 4 verschiedenen Belastungssituationen unterschieden:
- Beim passiven Bewegen und Reizen setzt der Physiotherapeut die Belastung etwa durch Druck oder Zug.
- Assistives Bewegen belastet mit technischen Hilfsmitteln oder mit Unterstützung des Therapeuten bestimmte Bereiche.
- Durch aktives Bewegen führt er die Belastungen selbst durch.
- Beim restistiven Bewegen belastet er gegen einen Widerstand.
Alle diese Belastungen und Reize sind von unterschiedlicher Intensität. Sie werden während eines Aufbautrainings nach dem Oberarmknochenbruch gezielt gesteigert.
Wie schnell und stark Sie dabei belasten, hängt von den individuellen Voraussetzungen bei der Heilung und der Schwere der Fraktur ab. Hier entwickelt in der Regel der Physiotherapeut ein gezieltes Muskelaufbautraining für jeden einzelnen Betroffenen.
Welche Muskeln sollten Sie nach einer Oberarmfraktur also stärken?
Ein wichtiger Schwerpunkt beim Aufbau der Muskulatur nach einer Oberarmknochenfraktur ist die Rotorenmanschette. 4 Sehnen bilden diese anatomische Einheit, die den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne im Schultergelenk fixiert.
Für die volle Funktionalität und Beweglichkeit des Schultergelenkes ist dieser Teil der Muskulatur besonders wichtig. Deshalb sollten Sie diesem Teil ebsonders stärken. Bei der physiotherapeutischen Arbeit nach dem Bruch des Oberarmknochens geht es außerdem allgemein darum, die Armmuskulatur möglichst gleichmäßig und ausbalanciert zu stärken.
Welche Rolle spielt die Ernährung beim Muskelaufbau nach Humerusfraktur?
Wenn Sie über einen Wechsel von Belastung und Erholung mehr Masse aufbauen möchten, sollten Sie den Muskeln auch ausreichend Bausubstanz zur Verfügung stellen. Hier kommen Protein und seine kleinsten Bestandteile die Aminosäuren ins Spiel.
Gerade bei älteren Menschen leidet die Eiweißversorgung häufig, weil sie sich nicht mehr so abwechslungsreich ernähren und im Alter möglicherweise verschiedene Prozesse bei der Umwandlung und Bildung von Aminosäuren verlangsamen.
Pro Kilogramm Körpergewicht schwanken die Bedarfsempfehlungen für Eiweiß zwischen 0,8 g und 1,7 g je nach persönlicher Lebenssituation. Wer sich von einem Oberarmbruch erholen muss und die Muskulatur stärken möchte, kommt an einer guten Versorgung mit Protein nicht vorbei.
Hier können zur umfassenden Versorgung mit allen, vor allem essentiellen Aminosäuren hochwertige Nahrungsergänzungen infrage kommen. Essentielle Aminosäuren kann der Körper nicht selbst bilden, sie müssen immer wieder mit der Ernährung zugeführt werden.
Es kommt allerdings nicht nur auf Protein an. In jeder Muskelzelle befindet sich eine Art von kleinem "Kraftwerk". Diese Kraftwerke werden auch als Mitochondrien bezeichnet.
Sie benötigen über verschiedene Stoffwechselprozesse zur kurzfristigen Energieversorgung auch Kohlehydrate. In einem aufwändigeren Stoffwechselprozess kann der Körper diese Energie auch aus Fetten gewinnen.
Schließlich sind auch verschiedene Mikronährstoffe besonders wichtig, um den Aufbau von Muskulatur zu unterstützen. Besondere Beachtung verdienen dabei die Mineralstoffe Calcium, Kalium, Magnesium und Natrium. Sie alle sind in die Anspannungs- und Entspannungsfunktionen von Muskulatur eingebunden.
In der Aufbauphase nach Humerusfrakturen kommt einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung besondere Bedeutung zu. Nahrungsergänzungen können einen Beitrag leisten.
Typische Trainingseinheiten nach der Oberarmknochenfraktur
Der Aufbau eines Trainings nach der Oberarmfraktur ist eine individuelle Sache. Einige Übungen und Maßnahmen finden sich in den meisten Plänen zur Stärkung und zum Aufbau von Muskulatur nach dem Humerusbruch.
Sie werden aufsteigend nach Intensität der Bewegung und Belastung genannt:
- Drehung des Unterarms
- Hochlagern des Arms
- Ausstreichen des Arms
- Armpendeln
- Kneten von Softbällen, Schwämmen oder Knetmasse
- mit der Hand an einer Fläche wie einer Wand "hochkrabbeln"
- verschiedene Streck- und Dehnübungen
- Außenrotationsübungen mit und ohne Widerstand
- verschiedene Kraft und-Widerstandsübungen mit Gewichten sowie Druck gegen Oberflächen und Hindernisse
Wie nach allen Knochenbrüchen sind auch nach dem Bruch des Oberarmknochens Geduld und Konsequenz bei der Rehabilitation gefragt. Der Aufbau, beziehungsweise die Wiederherstellung von Muskulatur ist dabei eine wichtige Voraussetzung, um die volle Funktionalität des gesamten Schultergelenkbereiches wiederzuerlangen. Gut geeignet sind zum Beispiel auch Pendelübungen nach einer Humerusfraktur.
Radfahren nach Oberarmbruch - ab wann ist es wieder möglich?
Sprechen Sie vorher mit Ihrem Arzt, wenn Sie wieder mit dem Radfahren nach einem Oberarmbruch starten wollen. Radfahrer sind sich einig, dass sie wieder in die Pedale treten können, sobald sie keine Schmerzen mehr versprüren.
Dennoch sollten Sie es mit der Belastung Ihres Oberarms nach einer Humerusfraktur nicht übertreiben. Gönnen Sie Ihrem Arm eine wohlverdiente Pause, damit er Zeit zum Heilen hat. Denn gerade die Oberarme werden beim Radfahren stark beansprucht.
Zudem besteht das Risiko eines Sturzes. Ist Ihr Oberarm bereits geschwächt, aufgrund einer nicht ganz genesenen Faktur, kann eine weitere Verletzung weitaus schlimmere Folgen mit sich bringen. Wir empfehlen Ihnen eine Pause von mindestens 5 Wochen.
Anschließend können Sie, in Absprache mit Ihrem Arzt, die ersten Versuche wagen. Verspüren Sie noch Schmerzen, sollten Sie mit dem Radfahren nach einer Humerusfraktur noch ein wenig warten.
Versorgen Sie Ihren Körper in dieser Zeit mit ausreichend Vitalstoffen und Aminosäuren. Die können den Genesungsprozess maßgeblich beeinflussen. Ernähren Sie sich ausgewogen und gesund. Achten Sie drauf, saisonale Produkte, wie Obst und Gemüse, ausreichend zu konsumieren.
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