Bis in die 1980er Jahre hinein galt Krafttraining für Kindern und Jugendlichen als wenig produktiv und teilweise sogar als gesundheitsschädigend. Grundlage waren verschiedene wissenschaftliche Studien, die bis in die 1960er Jahre zurückgehen. Aktuelle Studien ergeben ein anderes Bild. Sie zeigen auf, dass auch Kinder von einem gezielten Krafttraining beim Zuwachs von Muskelkraft profitieren können.
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass immer mehr Kinder mit Übergewicht und Adipositas kämpfen, kann Krafttraining hier einen Platz unter anderen Trainingsarten einnehmen. Dennoch ist gerade im Kindesalter Krafttraining nicht nur zum Abnehmen gedacht. Eine gute Muskelentwicklung bietet weitere viele Vorteile für die gesamte körperliche Entwicklung im Kindes- und Jugendalter.
Muskelentwicklung und Stoffwechselaktivitäten bei Kindern & Jugendlichen
Bis in die Pubertät hinein hat die Muskulatur nur einen Anteil von etwa 27 % an der gesamten Körpermasse. Dabei gibt es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Das ändert sich erst mit den hormonellen Veränderungen, die den Eintritt in die Pubertät begleiten. Es kommt hormonell bedingt zu einem erheblichen Zuwachs an Muskelmasse auf über 40 % bei Jungen und etwa 35 % bei Mädchen.
Auch die Stoffwechselkapazitäten sind im Kindes- und Jugendalter noch nicht vollständig ausgeprägt. Das betrifft insbesondere den anaeroben Stoffwechselteil, der sich schrittweise entwickelt und sogar erst zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr seine volle Auslastung erreicht. Anaerob heißt in diesem Zusammenhang, dass die Energiegewinnung ohne Sauerstoff in den weißen Muskelfasern stattfindet und nicht wie beim aeroben Stoffwechsel in den Zellen mit Sauerstoff.
Das bedeutet, dass ein Kind stoffwechselmäßig in bestimmten Bereichen nicht überlastet werden sollte. Auch deshalb hat man anfänglich die Schlussfolgerung gezogen, dass ein gezielter Trainingsplan zum Muskelaufbau erst mit der Pubertät empfehlenswert ist. Diese Auffassung ist mittlerweile überholt.
Frühere Bedenken gegen Kindertraining und die heutige Sichtweise
Eine Reihe von schlecht konzipierten Studien ab den 1960er Jahren setzte Krafttraining vor der Pubertät in ein schlechtes Licht.
Krafttraining im Kindesalter ...
- störe das Wachstum.
- schade der Gesamtentwicklung.
- bringe keine Effekte für das Muskelwachstum.
- mache keinen Spaß.
Heutige Erkenntnisse zeigen deutlich, dass bei richtiger Anwendung vor allem die Knochendichte, die allgemeine Verletzungsprophylaxe und die sich entwickelnden Muskeln von Krafttraining profitieren. Ein gezieltes Training führt zu positiven strukturellen Veränderungen der Knochen, von denen Menschen jahrzehntelang und ihr ganzes Leben profitieren.
Die Grundlagen für die Knochenstärke werden unter anderem im Kindes- und Jugendalter gelegt. Auch wenn die kindlichen und jugendlichen Kraftsportler aufgrund der sich noch entwickelnden Muskulatur vor der Pubertät noch keinen großen Zuwachs an Muskeln verzeichnen. Dafür legen sie aber bei Muskelkraft, Koordinationsfähigkeit, Kraftausdauer und allgemeiner Fitness zu.
Ähnlich wie lange das Krafttraining für Läufer diskutiert wurde, das heute nicht mehr infrage gestellt wird, sprechen die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse für kindliches Muskeltraining.
Was Krafttraining für Kinder vor der Pubertät nicht bedeutet
Wenn wir über Muskeltraining vor der Pubertät sprechen, heißt das nicht, dass bereits Kleinkinder mit schweren Hanteln und an Geräten trainieren sollten. Die Belastungsintensität muss im vorpubertären Alter und auch danach gut abgestimmt werden. Krafttraining ohne Geräte kann zunächst einem Training mit Geräten vorausgehen.
Mit einem auf das Alter des Kindes abgestimmten Trainingsplan kommen auch in den Altersstufen ab 6 Jahren Trainingseinheiten mit Freihanteln und an Geräten infrage. Selbstverständlich sollte sein, dass die kindlichen und jugendlichen Kraftsportler professionell betreut sowie in die Übungen eingewiesen werden. Den koordinierten Abläufen des Trainings mit einer Auf- und Abwärmphase kommt ebenfalls große Bedeutung zu.
Training bei Übergewicht
Statistiken zeigen, dass zurzeit in den Altersgruppen bis 11 Jahren jedes 6. Mädchen, jeder 6. Junge übergewichtig ist. In der Gruppe zwischen 11 und 13 Jahren sind es noch 5 %. Wissenschaftliche Untersuchungen zeige die positiven Effekte von Krafttraining gerade bei Übergewicht. Durch das Mehr an Gewicht ist mehr Muskelmasse vorhanden.
Die Betroffenen können deshalb mehr Gewicht beim Kraftsport bewältigen als Normalgewichtige. Das hat neben den günstigen Trainingseffekten und einer Einwirkung auf das Übergewicht auch einen stark motivierenden Aspekt. Übergewichtige Kraftsportler im jugendlichen Alter erleben hier Erfolgserlebnisse, die ihnen den anderen sportlichen Bereichen häufig versagt bleiben.
Das erhöht die Chance, dass sie am Training dranbleiben. Die Wahrscheinlichkeit der Trainingstreue ist dabei wesentlich höher als bei reinem Ausdauertraining, das vielen zu langweilig ist.
Ernährung und Krafttraining für Kinder und Jugendliche
Eine wichtige weitere Voraussetzung für ein Zugewinn an Maximalkraft, Kraftausdauer und Knochenstärke ist die Versorgung mit Nähr- und Vitalstoffen. Knochen wie Muskeln benötigen insbesondere Eiweiß und hier die kleinsten Bausteine (Aminosäuren) als Baustoff. Essentielle Aminosäuren kann der Körper nicht selbst bilden.
Sie müssen regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden. Bei Erwachsenen gelten 8 Aminosäuren als essentiell. In den ersten Lebensjahren bis in das jugendliche Lebensalter hinein können noch mehr Proteinbausteine nicht vom kindlichen Organismus gebildet werden. Unter anderem betrifft das die Aminosäure Tyrosin.
Auch der Bedarf an Gesamteiweiß entwickelt sich mit steigendem Lebensalter. Die folgenden Werte zeigen in Gramm pro Kilogramm Körpergewicht abhängig vom Alter für Mädchen und Jungen die durchschnittlichen Bedarfswerte an.
Alter | Mädchen | Jungen |
2 Jahre | 1,23 gr | 1,5 gr |
3 Jahre | 1,13 gr | 1,36 gr |
6 - 10 Jahre | 1,05 gr | 1,14 gr |
11 - 15 Jahre | 0,98 gr | 1,02 gr |
16 Jahre | 0,91gr | 0,98 gr |
Damit ist der Proteinbedarf im Kindes- und Jugendalter höher als der durchschnittlich für Erwachsene angenommene Wert in Höhe von 0,8 g/Kilogramm Körpergewicht. Erhöhte Bedarfe bei intensiver körperlicher Aktivität sind nicht ausgeschlossen.
Über sportliche Betätigung kann sich der Bedarf individuell erhöhen. Es kommt deshalb im Kindes- und Jugendalter auf eine hochwertige, abwechslungsreiche Ernährung an. Diese sollte neben ausreichend Eiweiß auch andere wichtige Vitalstoffe wie etwa Calcium für die Knochen und Vitamine enthalten. Ernährungsaspekte entfalten ihre Bedeutung hier nicht nur für Kraftzuwachs und Kraftausdauer. Der kindliche Körper muss insgesamt den Energie- und Vitalstoffbedarf für das körperliche Wachstum stemmen.
Sind Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sinnvoll?
Für die kindlichen und jugendlichen Sportler steht die gesunde Ernährung im Mittelpunkt. Es gibt keine eindeutigen Empfehlungen dazu, ob ein Krafttraining zusätzlich mit der Aufnahme eines Supplementes verbunden werden sollte. Insbesondere essentielle Aminosäuren könnten einem Kind so gezielt zugeführt werden. Auch beim Krafttraining zum Abnehmen könnten sich Aminosäuren positiv auswirken.
Fraglich ist, ob schon Kleinkinder von einem hochwertigen Eiweißpulver profitieren können. Hier geht es nicht nur um das Muskelwachstum, sondern um das Wachstum allgemein. Am Ende ist es eine individuelle Entscheidung der Eltern, die auch mit einem Kinderarzt getroffen werden kann. Das kann besonders wichtig sein, wenn Eltern eine spezielle Ernährungsweise befolgen und ihre Sprösslinge einbeziehen.
Bei einem begannen Ernährungsstil werden etwa Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin B12 und auch anderen Vitalstoffen von Ernährungsexperten empfohlen. Nicht geeignet für Menschen unter 18 Jahren sind die speziellen Supplemente, die sich Bodybuilder zum schnellen Muskelaufbau zuführen. Das gilt insbesondere für teilweise nicht legale, anabole Substanzen.
Fazit: Krafttraining für Kinder
Insbesondere Krafttraining ohne Geräte ist angepasst an das individuelle Lebensalter immer möglich. Nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen dürfen auch kindliche und jugendliche Kraftsportler einen individuellen Trainingsplan für den Muskelaufbau verfolgen. Sie können bei der Knochenstabilität von diesen frühen Aktivitäten ihr ganzes Leben lang profitieren.
Auch, wenn sich die kindlichen und jugendlichen Sportler einem anderen Sport verschrieben haben, ergänzt ein abgestimmtes Krafttraining fast jede Sportart. Das gilt etwa bei Krafttraining für Läufer, Schwimmer und viele andere sportliche Bereiche. Krafttraining für Kinder ist kein Tabu mehr, sondern kann eine positive körperliche Entwicklung unterstützen.
Für weitere Tipps einfach hier im Blog stöbern oder meldet euch für unseren Newsletter an. Viel Spaß wünscht euch das Team von amino4u.